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Das Bauhandwerkerpfandrecht in der Schweiz
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Das Bauhandwerkerpfandrecht in der Schweiz

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Handwerker und Unternehmer erbringen regelmässig Arbeiten und erhalten erst nach Abschluss ihren Werklohn. Das Risiko, den Werklohn nicht zu erhalten, wird durch das Bauhandwerkerpfandrecht abgesichert. Im nachfolgenden Artikel erfahren Sie das Wichtigste zum Bauhandwerkerpfandrecht.

Das Bauhandwerkerpfandrecht in der Schweiz

Das Bauhandwerkerpfandrecht

Das Bauhandwerkerpfandrecht ist im Schweizerischen Zivilgesetzbuch verankert. Beim Bauhandwerkerpfandrecht handelt es sich um eine Absicherung für Handwerker. In den meisten Fällen leisten die Handwerker ihre Arbeit, ohne im Voraus eine Rechnung zu stellen. Nach der Rechnungsstellung haben sie einen obligatorischen Anspruch gegenüber dem Schuldner. Im Konkursfall wird diese Forderung lediglich in der dritten Klasse des Kollokationsplanes gelistet. Das bedeutet, dass der Handwerker mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht (vollständig) befriedigt wird. Damit die Handwerker nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben, räumt ihnen das Gesetz die Möglichkeit eines Bauhandwerkerpfandrechts ein. Durch das Pfandrecht wird die Stellung des Handwerkers verbessert. Pfandrechte werden im Konkursfall vorab befriedigt. 

Pfandberechtigte Person

Das Gesetz spricht von “Handwerkern und Unternehmern, die die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben”, als zur Errichtung eines Pfandrechts berechtigt. 

Anders formuliert steht dieses Recht all jenen Personen zu, die auf der Baustelle Arbeiten geleistet haben oder aber Material und Arbeit geliefert haben und Gegenstand eines Werkvertrags sind. 

💡Die Rechtsform des Handwerkers/ Unternehmens spielt keine Rolle. Einzelunternehmer sind genauso zur Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten berechtigt wie Aktiengesellschaften. 

Besonderheiten

Auch wenn Subunternehmer rechtlich gesehen kein direktes Vertragsverhältnis mit dem Grundeigentümer haben, spielt das für die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts keine Rolle. Er verfügt trotzdem über einen eigenständigen Anspruch.

☝️ Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn der General- oder Totalunternehmer bereits dafür bezahlt wurde. In diesem Fall besteht für den Grundeigentümer ein Doppelzahlungsrisiko.

Hilft ein Unternehmen einem anderen Unternehmen vorübergehend aus (Temporäreinsatz), hat das unterstützende Unternehmen kein Recht auf die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts. Der Grund dafür liegt in der Vertragsbeziehung dieser beiden Unternehmen. Zwischen diesen Unternehmen besteht ein Dienstleistungsvertrag. Vom Bauhandwerkerpfandrecht geschützt sind jedoch nur Werkverträge. 

Geschützte Leistungen

Damit ein Handwerker das Pfandrecht eintragen lassen kann müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Forderung aus Arbeitsleistung
  • Arbeitsleistung beinhaltet entweder die Lieferung von Material und Arbeit oder Leistung von Arbeit allein 
  • Arbeitsleistung ist physisch und nicht geistig
  • Schuldner ist der Grundeigentümer oder ein anderer Besteller

💡💡Zu den berechtigten Arbeiten gehören unter anderem alle Formen von Abbrucharbeiten, Bauarbeiten, Baugerüsten, Baugrubensicherungen, Erneuerungsarbeiten.

Nicht geschützte Leistungen

Die Arbeiten von Ingenieuren und Architekten sind nicht geschützt. Ihre Arbeitsleistung ist geistiger Natur und tritt nicht physisch in Erscheinung. Weiter sind Verkäufer von standardisierten Bauteilen, Baulieferanten und Vermieter von Baumaschinen nicht geschützt.

☝️Es ist möglich, dass in gewissen Situationen nicht klar ist, ob die Leistung aufgrund des Umfangs geschützt oder nicht geschützt ist. Diesfalls wird eine Einzelfallbeurteilung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände vorgenommen.

Pfandbelastete Person

Das Gesetz geht davon aus, dass der Vertragspartner des Handwerkers zugleich der Grundstückseigentümer ist. Demnach ist der Grundstückseigentümer die pfandbelastete Person.

Besonderheiten

In vielen Fällen arbeitet der Grundstückseigentümer jedoch mit einer General- oder Totalunternehmung zusammen, welche dann die Aufträge an verschiedene Handwerker/ Unternehmen weitergeben. Die Tatsache, dass zwischen Handwerkern/ Unternehmen und dem Eigentümer kein direkter Vertrag besteht, ändert nichts an der pfandbelasteten Person. Der Grundstückseigentümer muss sich das Pfandrecht weiterhin entgegenhalten lassen.

Wechselt der Eigentümer nach Fertigstellung, wird er zur pfandbelasteten Person. In jenen Fällen, in denen vor der Eigentumsübertragung bereits ein Eintragungsverfahren läuft, erfolgt kein Parteiwechsel. Der Erwerber muss sich die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts trotzdem gefallen lassen. Auch ohne Verfahrensbeteiligung.

Eintragungsfrist 

Das Gesetz ermöglicht die Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten, frühestens sobald sich der Handwerker/ Unternehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet, also den Werkvertrag abgeschlossen hat. 

Der spätmöglichste Zeitpunkt zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts ist vier Monate nach Abschluss der Arbeiten. Die Arbeiten gelten als abgeschlossen, wenn sie fertiggestellt sind. Als fertiggestellt gelten Arbeiten, wenn alle vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht wurden und das Gebäude (die vorgenommene Leistung) “lieferbar” ist.

💡Wir empfehlen Ihnen, sich bei Unklarheiten bezüglich der Eintragungsfrist mit unseren Spezialisten/ Spezialistinnen in Verbindung zu setzen. Sie können Ihnen bei den notwendigen Schritten behilflich sein.

Wahrung der Frist

Die Frist gilt nur dann als gewahrt, wenn der Eintrag ins Grundbuch innerhalb der viermonatigen Frist seit Fertigstellung erfolgt. Für die Fristwahrung ist demnach der Zeitpunkt der Gesuchstellung irrelevant. Wird das Gesuch 2 Tage vor Fristablauf gestellt, muss damit gerechnet werden, dass kein Eintrag innerhalb der Frist erfolgt. 

❗Mündliche oder schriftliche Zusicherungen des Eigentümers, Mahnungen, Zahlungsversprechen oder Betreibungshandlungen hemmen den Fristenlauf nicht. 

Verfahrensablauf

Die Eintragungsfrist für ein Bauhandwerkerpfandrecht beträgt, wie erwähnt, vier Monate. Es ist wichtig, zwischen der vorläufigen und definitiven Eintragung und dem superprovisorischen und ordentlichen Verfahren zu unterscheiden. 

Vorläufige Eintragung

Das Gesuch zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts ist innerhalb der Frist beim Gericht einzureichen. Nach der Gesuchstellung zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts wird, wenn das Gesuch gutgeheissen wird, eine vorläufige Eintragung vorgenommen. Mit diesem Eintrag wird die Frist von vier Monaten eingehalten. 

Für diese vorläufige Eintragung reicht es, wenn der Gläubiger (Handwerker, Unternehmer) seine Forderung glaubhaft macht. Nach der vorläufigen Eintragung setzt der Richter eine Frist, um die definitive Eintragung zu verlangen. Gleichzeitig ordnet er an, dass das Bauhandwerkerpfandrecht vorläufig in das Grundbuch aufgenommen wird. 

💡In der Regel wird die Eintragung nur verweigert, wenn der Anspruch unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen ist. Anders formuliert, werden keine grossen Anforderungen an das "Glaubhaft Machen" gestellt.

(Super)provisorisches Verfahren

Das Gesuch zur vorläufigen Eintragung stellt eine vorsorgliche Massnahme dar. Je nach Dringlichkeit wird das Verfahren um die vorläufige Eintragung teilweise provisorisch oder superprovisorisch abgewickelt. Beim superprovisorischen Verfahren handelt es sich um eine Notfallmassnahme zur Fristwahrung. Der Gesuchsgegner (Grundstückseigentümer) ist nicht am Verfahren beteiligt und kann sich nicht dazu äussern. Vielmehr wird er vom Gericht überrascht, denn auch ohne sein Zutun wird in diesem Fall ein superprovisorischer Eintrag im Grundbuch vorgenommen. Um das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren, wird dem Gesuchsgegner eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme oder eine Vorladung zur Verhandlung zugestellt. Danach entscheidet das Gericht, ob der superprovisorische Eintrag gelöscht wird oder aber die vorläufige Eintragung erfolgt.

Definitive Eintragung

Nach der vorläufigen Eintragung findet ein ordentlicher Zivilprozess statt. Der Handwerker muss eine formelle Klage einreichen und seinen Anspruch im Zivilprozess beweisen. Kann er dies, wird sein Bauhandwerkerpfandrecht definitiv im Grundbuch eingetragen. Erst diese Eintragung führt zur Verwertbarkeit.

Ordentliches Verfahren

Das ordentliche Verfahren ist ein gewöhnlicher Zivilprozess. Der Gläubiger (Handwerker/Unternehmer) muss seine Forderung in Bestand und Höhe beweisen. Der Schuldner (Grundstückseigentümer) kann sich seinerseits dagegen wehren und dartun, dass die Forderung nicht (mehr) oder nicht im geforderten Umfang besteht. 

☝️Für die Gutheissung der Klage und die entsprechende definitive Eintragung ist demnach blosses Glaubhaftmachen nicht mehr ausreichend. 

Sicherheitsleistung

Leistet der Grundeigentümer eine hinreichende Sicherheit, kann er die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch abwenden/ verhindern. Damit eine Sicherheit die Eintragung verhindert, muss sie hinreichend und genügend sein. Betragsmässig bedeutet das, dass die Sicherheit die Forderung, Zinsen und allfällige Kosten zu decken hat. Als Sicherheit kommen beispielsweise eine Bürgschaft, Bankgarantie oder Sachleistung in Frage.

☝️Wenn Sie mit einem General- oder Totalunternehmer zusammenarbeiten, können Sie als Eigentümer ein Direktzahlungsrecht vereinbaren. Dieses ermöglicht dem Bauherr, die Werklöhne direkt an den Unternehmer unter Anrechnung auf den Werkpreis zu leisten, falls die Forderung ausgewiesen durch den General- oder Totalunternehmer jedoch nicht bezahlt wird.

Situation nach Eintragung

Das definitiv eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht ermöglicht dem Handwerker seine Forderung auf dem Weg der Betreibung auf Pfandverwertung durchzusetzen. Tut er dies, kommt es zu einer Zwangsverwertung des Grundstücks.

Der Eigentümer hat jedoch die Möglichkeit, die Forderung zu tilgen oder deren Bestand zu bestreiten. Im ersten Fall kann nach der Tilgung der Forderung die Löschung im Grundbuch verlangt werden. Wird der Bestand der Forderung bestritten, ist dies auf dem Prozessweg durchzuführen.

Doppelzahlungsrisiko

Handwerker und Unternehmer haben gemäss Schweizer Zivilgesetzbuch einen Anspruch auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts, zur Sicherstellung ihrer Werklohnforderungen. Dieser Anspruch richtet sich gegen den Grundstückseigentümer. 

Es ist in der Schweiz weit verbreitet, mit einem Generalunternehmer (GU) oder Totalunternehmer (TU) zusammenzuarbeiten. In diesem Fall ist meist der GU/TU für die Begleichung der Werklohnforderungen verantwortlich. Wird nun der GU/TU zahlungsunfähig, können die Subunternehmer, welche ausstehende Werklohnforderungen haben, ein Bauhandwerkerpfandrecht eintragen lassen. Dies ist auch dann möglich, wenn der Grundstückseigentümer den GU/TU für die betreffenden Leistungen bezahlt hat. Diese Tatsache führt zu einem Doppelzahlungsrisiko. Denn, um die Eintragung zu verhindern/ löschen, muss der Eigentümer die Forderung des Subunternehmers begleichen.

💡Damit Sie diesem Risiko nicht ausgesetzt sind, empfehlen wir Ihnen, einen allfälligen GU-Vertrag oder TU-Vertrag, zusammen mit einem Spezialisten/ einer Spezialistin für Baurecht zu besprechen. Es ist möglich, im Vertrag Klauseln gegen Bauhandwerkerpfandrechte zu verankern, wobei diese im Falle einer Zahlungsunfähigkeit unnütz sind. Wirksamer sind eine Bankgarantie auf erstes Verlangen oder ein Bautreuhandkonto.

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Antworten auf Ihre Fragen

Was ist ein Bauhandwerkerpfandrecht?
Wer kann das Bauhandwerkerpfandrecht eintragen?
Unter welchen Voraussetzungen kann das Bauhandwerkerpfandrecht eingetragen werden?
Wie wird das Bauhandwerkerpfandrecht eingetragen?
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