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Der Erbvorbezug: Eine Erbauszahlung zu Lebzeiten 
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Der Erbvorbezug: Eine Erbauszahlung zu Lebzeiten 

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Wollen Sie bereits zu Lebzeiten einen Teil Ihres Vermögens mit Ihren Erben teilen? Überlegen Sie sich, Ihre Kinder beispielsweise für ein Eigenheim, die Selbständigkeit oder eine weitere Ausbildung finanziell zu unterstützen? Spielen Sie mit dem Gedanken, Ihr Haus an Ihr Kind zu überschreiben? 

Falls Sie sich diese oder ähnliche Überlegungen derzeit stellen, sind Sie hier genau richtig.  Denn in diesem Beitrag erklären wir Ihnen leicht verständlich die wichtigsten Dinge rund um den Erbvorbezug.

Der Erbvorbezug: Eine Erbauszahlung zu Lebzeiten 

Was ist ein Erbvorbezug?

Der Erbvorbezug ist eine Sonderform der Schenkung und gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihren  Erben zu Lebzeiten einen Teil Ihres Erbteils auszuzahlen. Er ist ein beliebtes Mittel um die eigenen Kinder oder nahe Verwandte finanziell zu unterstützen. Die Unterstützung kann beispielsweise in Form von Geld, Grundstücken, Immobilien oder sonstigen Sachwerten erfolgen. 

☝️ Die Auszahlung muss freiwillig und ohne Gegenleistung erfolgen. Freiwillig bedeutet, dass Sie darüber entscheiden, ob Sie Ihren künftigen Erben einen Erbvorbezug gewähren. Ihre künftigen Erben haben, solange Sie leben, keinen Anspruch darauf, ihren Erbanteil einzufordern.

Was muss beim Erbvorbezug beachtet werden?

Ein Erbvorbezug ist ein komplexes, erbrechtliches Instrument mit weitreichenden Folgen. 

Grundsätzlich kann der Erbvorbezug mündlich abgeschlossen werden. Bei einem Grundstück oder einer Liegenschaft muss der Vertrag schriftlich abgeschlossen und von einem Notar öffentlich beurkundet werden. Wir empfehlen Ihnen jedoch, die Vereinbarung immer schriftlich festzuhalten.

☝️ Der Erbvorbezug ist endgültig. Sie können die Zuwendung später nicht mehr zurückfordern. Dies zu wissen ist insbesondere deshalb wichtig, weil ein Erbvorbezug als sogenannter Vermögensverzicht gilt.  Ein solcher wird im Alter berücksichtigt, falls Sie Unterstützung in Form von Ergänzungsleistungen beantragen. Möglicherweise erhalten Sie wegen des getätigten Erbvorbezugs im Alter keine Ergänzungsleistungen, weil Sie ja auf Ihr Vermögen verzichtet haben.

💡 Der Erbvorbezug hat, wie bereits erwähnt, weitreichende Folgen und kann unter Umständen viel Konfliktpotenzial mit sich bringen.  Wir empfehlen Ihnen daher, die Vereinbarung mit einem unserer Spezialisten zu besprechen, damit wir Sie bestmöglich unterstützen und Streitigkeiten vermeiden können.

Was ist die Ausgleichungspflicht?

Die Ausgleichungspflicht dient der Gleichberechtigung aller Erben. Unter Umständen muss derjenige, der einen Erbvorbezug erhält, diese Zuwendung später an seinen Erbteil anrechnen lassen. Das bedeutet, dass diese Person im Erbfall dann weniger bekommt. Diese Pflicht besteht jedoch nur, wenn es mehrere Erben gibt.

 Das Schweizer Erbrecht unterscheidet bezüglich der Ausgleichungspflicht zwei Konstellationen:

1. Zuwendungen an die gesetzlichen Erben

Ihre gesetzlichen Erben müssen den Erbvorbezug nur dann ausgleichen, wenn Sie dies ausdrücklich wollen. Es muss also von Anfang an festgehalten werden, dass die Zuwendung unter Anrechnung an den Erbteil geschieht.

Soll eine Zuwendung an einen gesetzlichen Erben ausgeglichen werden, müssen Sie das explizit festhalten.

2. Bestimmte Zuwendungen an die Nachkommen 

Das Gesetz geht davon aus, dass Sie Ihre Nachkommen und sonstigen gesetzlichen Erben gleich behandeln wollen. Das bedeutet folgendes: Machen Sie einem Nachkommen eine Zuwendung, die Ausstattungscharakter hat, wird diese grundsätzlich an den Erbteil angerechnet. Sie muss also ausgeglichen werden.

💡 Unter Ausstattungscharakter versteht das Gesetz beispielsweise Heiratsgut, Schuldenerlass oder Vermögensabtretung. Für detaillierte Informationen zu diesem Thema helfen Ihnen gerne unsere Spezialisten/innen weiter.

Soll eine Zuwendung an einen Nachkommen, die Ausstattungscharakter hat, nicht ausgeglichen werden, müssen Sie dies explizit festhalten.

Kann die Ausgleichungspflicht umgangen werden?

Ja, Sie als künftiger Erbe haben die Möglichkeit, von dieser Pflicht abzusehen. Sie müssen dies jedoch ausdrücklich in einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) festhalten. Dabei ist zu beachten, dass dies zwingend schriftlich festgehalten werden muss.

Fällt die Ausgleichungspflicht weg, kann dies dazu führen, dass sich die anderen Erben benachteiligt fühlen, denn dadurch erhält ein Erbe mehr als die anderen. Dies kann zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft führen. 

❗️ Auch wenn Sie eine Person von der Ausgleichungspflicht befreien, gilt: Werden dadurch die Pflichtteile der anderen Erben verletzt, muss der Vorbezug trotzdem soweit zurückgezahlt werden, dass alle Ihre Pflichtteile erhalten.

Welche Probleme können sich durch die Ausgleichungspflicht ergeben?

Die Ausgleichungspflicht kann die betroffenen Erben in finanzielle Schwierigkeiten bringen, wenn das, was sie damals erhalten haben, mehr ist, als ihnen zustehen würde und sie einen Teil zurückzahlen müssen. Wenn Sie beispielsweise  Immobilien oder sonstige Sachwerte im Rahmen eines Erbvorbezugs weitergeben, ist zu berücksichtigen, dass für die Erbteilung der Verkehrswert im Zeitpunkt des Todesfalls massgebend ist. Wenn dieser Wert nun viel höher ist, kann es sein, dass die Person, welche die Zuwendung erhalten hat, verhältnismässig zu viel Erbe erhalten hat und eine Summe zurück in die Erbmasse zahlen muss.

☝️ Die Ausgleichungspflicht ist ein sehr komplexes Thema. Die vorangehenden Informationen dienen der Übersicht. Wenn Sie mehr oder vertiefte Fragen dazu haben, empfehlen wir Ihnen ein Gespräch mit unseren Spezialisten/innen.

Vor- und Nachteile des Erbvorbezugs

Zu den Ihren Vorteilen gehört, dass Sie Ihre Erben durch die Zuwendung unterstützen können. Weiter wird dadurch Ihr steuerbares Vermögen verkleinert.  Nachteilig kann sich für Sie ein Erbvorbezug wie bereits erwähnt im Alter in Form von Leistungskürzungen auswirken.

Die begünstigte/n Person/en profitieren von einer finanziellen Unterstützung. Die allfällig später anfallende Erbschaftssteuer verringert sich ebenfalls, da sich das Erbe im Erbfall betragsmässig verringert. Wie bereits erwähnt, kann die Ausgleichungspflicht später zu ernsthaften finanziellen Problemen führen.

💡 Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist kantonal geregelt. Fragen diesbezüglich beantwortet Ihnen gerne eine/r unserer Spezialisten/innen.

Was ist der Unterschied zur Schenkung?

Um diese Frage zu erklären, macht es Sinn kurz die beiden Konstrukte zu erläutern.

Mit einer Schenkung ist die lebzeitige und unentgeltliche Zuwendung eines Vermögenswertes gemeint. Entweder wird dabei der Schenkungsgegenstand übergeben (Handschenkung) oder ein schriftliches Schenkungsversprechen (Schenkungsvertrag) gemacht. Von einer sogenannten gemischten Schenkung spricht man, wenn zwar eine Sache verkauft wird, der Kaufpreis jedoch weit unter dem eigentlichen Preis liegt. 

Der Erbvorbezug ist ein Sonderfall zur Schenkung: Zwischen dem Schenker und dem Beschenkten besteht ein erbrechtliches Verhältnis. Dieses erbrechtliche Verhältnis führt dann zur Ausgleichungspflicht, wenn der Erblasser nichts anderes vorsieht und/oder der Pflichtteil verletzt wird (vgl. oben).

Gibt es eine dritte Möglichkeit?

Neben einem Erbvorbezug können Sie Ihre Nachkommen mit einem Darlehen finanziell unterstützen. Ein Darlehensvertrag ist im Gegensatz zum Erbvorbezug kündbar, sollten sich die Verhältnisse ändern. Zudem bleibt das Geld (auch wenn Sie es gerade nicht zur Verfügung haben) in Ihrem Vermögen. Das bedeutet, dass Sie im Alter Ergänzungsleistungen beantragen können, sollten Sie finanzielle Probleme haben. Ein Nachteil zum Erbvorbezug ist jedoch, dass das Geld weiterhin zu Ihrem Vermögen zählt und Sie die Vermögenssteuer dafür zu zahlen haben.

Muss ein Erbvorbezug versteuert werden?

Ja, der Schenkungssteuer unterliegen grundsätzlich sowohl Erbvorbezüge als auch Schenkungen. Wie bereits erwähnt, sind die Steuersätze kantonal geregelt. In vielen Kantonen sind Nachkommen und Ehepartner jedoch von der Erbschaftssteuer befreit. Andere Kantone gewähren den Nachkommen beispielsweise Freibeträge. 

Wir helfen Ihnen

Das Schweizer Erbrecht und insbesondere der Erbvorbezug  ist eine sehr komplexe Thematik. Es müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden und allenfalls gibt es weitere für Sie geeignete Möglichkeiten, um Ihre Nachkommen zu unterstützen. Wir empfehlen Ihnen daher, eine Anwältin oder einen Anwalt mit Spezialisierung Erbrecht beizuziehen. So kann Ihren Wünschen und Bedürfnissen optimal entsprochen werden. 

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Was ist ein Erbvorbezug?
Was muss beim Erbvorbezug beachtet werden?
Wie macht man einen Erbvorbezug?