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Erbe ausschlagen in der Schweiz - Was Sie darüber wissen sollten
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Erbe ausschlagen in der Schweiz - Was Sie darüber wissen sollten

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Erben wollen ihr Erbe nicht immer antreten. Wenn der Erblasser noch lebt, kann dies zu Lebzeiten mittels Erbverzichtsvertrag vereinbart werden. Ist der Erblasser bereits gestorben, haben Sie die Möglichkeit die Erbschaft nicht anzutreten. Man spricht dann von “Erbe ausschlagen”. 

Mit dem nachfolgenden Artikel erklären wir Ihnen in leicht verständlicher Weise unter anderem, wann eine Erbausschlagung sinnvoll ist, was beachtet werden muss und wie Sie vorgehen müssen.

Erbe ausschlagen in der Schweiz - Was Sie darüber wissen sollten

Wer kann das Erbe ausschlagen?

Das Erbe kann grundsätzlich von jedem Erben ausgeschlagen werden. Das bedeutet, sowohl die gesetzlichen als auch die eingesetzten Erben können das Erbe ausschlagen. Zu beachten ist jedoch, dass das Erbe nur innerhalb von drei Monaten ausgeschlagen (abgelehnt) werden kann.

❗️Mischt sich ein Erbe in die Erbschaft ein, kann dies zur Folge haben, dass er die Erbschaft nicht mehr ausschlagen kann. Als Erbe darf man dann gewisse Verwaltungs- und Organisationsaufgaben übernehmen. Nicht zulässig ist jedoch, das Erbe “anzufassen”. Also, wenn der Erbe aus dem Nachlass Gegenstände aneignet, Handlungen vornimmt, die über die Verwaltung des Nachlasses hinausgehen oder Nachlassgegenstände unterschlägt, dann verwirkt er sein Recht auf Erbausschlagung.

Erbe ausschlagen oder nicht?

Sich gegen eine Erbschaft zu entscheiden, kann verschiedene Gründe haben. Die Wichtigsten haben wir nachfolgend aufgelistet. 

  • Wenn Sie Erbe sind, erben Sie sowohl das Vermögen als auch die Schulden des Erblassers. Hat der Erblasser beispielsweise hohe Schulden, ist es unter Umständen sinnvoll, das Erbe auszuschlagen. 

❗️ Die Ausschlagung betrifft immer die gesamte Erbschaft, Sie können nicht nur die Schulden ausschlagen. Das bedeutet, dass die Erbteilung dann so vorgenommen wird, wie wenn Sie bereits gestorben wären.

☝️ Die Ausschlagung wird vermutet, wenn der Nachlass des Erblassers verschuldet ist. 

  • Sind Sie als Erbe selbst verschuldet, kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen. Sie müssten mit dem Erbe dann die Schulden bezahlen. Stellen Sie sich vor, Sie würden von Ihren Eltern das Haus erben. Sie selbst sind aktuell verschuldet. Wenn Sie nun das Erbe antreten, bedeutet das, dass Sie das Haus verkaufen müssen, um die Schulden zu bezahlen. Mit der Ausschlagung können Sie sicherstellen, dass das Elternhaus in der Verwandtschaft bleibt.
  • Auch ein schlechtes Verhältnis zum Erblasser kann ein Grund für die Erbausschlagung sein. In solchen Fällen wollen Erben oftmals nichts mehr mit dem Erblasser zu tun haben und entscheiden sich für eine Erbausschlagung.

💡Wollen Sie nicht länger Erbe sein aber lebt der Erblasser noch, dann kommt ein sogenannter Erbverzicht in Frage und nicht eine Erbausschlagung.

Wie gross ist die Erbschaft?

Die finanzielle Situation des Erblassers kann entscheidend sein für die Entscheidung für oder gegen eine  Ausschlagung der Erbschaft. Unter Umständen ist es nicht so einfach, an die notwendigen Informationen zu gelangen. Steuererklärungen, Betreibungsregisterauszüge oder Bankbelege können helfen, die finanzielle Situation des Erblassers besser zu verstehen. 

Alternativ können Sie beim Erbschaftsamt ein öffentliches Inventar (vgl. unten) verlangen, bevor Sie die Erbschaft annehmen. Ein solches müssen Sie innerhalb von einem Monat, seit Sie vom Tod der Person Kenntnis haben, bei der zuständigen Behörde beantragen.

❗️Wenn Sie sich über die finanziellen Verhältnisse des Erben informieren wollen, kann es sein, dass ein Erbschein von Ihnen verlangt wird. Verlangen Sie beim Erbschaftsamt einen Erbschein, bedeutet das, dass Sie die Erbschaft annehmen. Klären Sie daher unbedingt ab, welche Alternativen Sie haben (beispielsweise Stammbuchauszug und Sterbeurkunde). 

Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers

Wie bereits erwähnt, ist ein Grund für die Erbausschlagung die Tatsache, dass mit einer Erbschaft oftmals auch Schulden verbunden sind und die Gefahr besteht, diese bezahlen zu müssen. Mit der Erbausschlagung soll verhindert werden, dass man für die Schulden aufkommen muss. 

Wenn Sie jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre vom Erblasser eine Zuwendung (Schenkung/Erbvorbezug) erhalten haben, ist es trotzdem möglich, dass Sie für die Schulden des Erblassers aufkommen müssen. Denn solche Zuwendungen unterliegen unter Umständen der sogenannten Ausgleichungspflicht. Unsere auf Erb- und Nachlassrecht spezialisierten Anwälte beraten Sie gerne diesbezüglich.

Wie schlage ich mein Erbe aus?

Das Schweizer Erbrecht gibt Ihnen die Möglichkeit, das Erbe mündlich oder schriftlich bei der zuständigen Behörde auszuschlagen. Sie muss unbedingt und vorbehaltlos geschehen. Sie ist nicht widerrufbar.

Welches die zuständige Behörde ist, unterscheidet sich von Kanton zu Kanton. Meist ist es das Bezirksgericht, das für den letzten Wohnort des Erblassers zuständig ist. Oftmals gibt es zudem amtliche Formulare für die Erbausschlagung

☝️Damit Ihre Erbausschlagung auch wirklich ankommt und nicht verloren geht, empfehlen wir Ihnen, dies mittels eingeschriebenem Brief zu tun.

💡Für die Erbausschlagung braucht es nicht unbedingt einen Anwalt. Wenn Sie sich jedoch nicht sicher sind, ob Sie die Erbschaft ausschlagen oder annehmen sollten, oder wo genau die Ausschlagung eingereicht werden muss, empfehlen wir Ihnen, einen Anwalt/eine Anwältin beizuziehen. 

Wann muss ich mein Erbe ausschlagen?

Sie müssen das Erbe innerhalb einer bestimmten Frist ausschlagen. Gemäss Gesetz liegt die Frist bei drei Monaten. Wenn Sie gesetzliche Erbin sind, werden Sie grundsätzlich nicht speziell über Ihre Erbschaft informiert. Die Frist beginnt für Sie in dem Moment, wo Sie vom Tod des Erblassers erfahren. Als eingesetzte Erbin beginnt die Frist zu laufen, sobald Sie von der Erbschaft erfahren.

Wer erbt, wenn ich mein Erbe ausschlage?

Haben Sie als gesetzlicher Erbe Ihr Erbe ausgeschlagen, verlieren Sie die Erbenstellung. Das bedeutet, dass Sie nicht mehr Teil der Erbengemeinschaft sind und kein Mitspracherecht mehr haben. Es wird so vorgegangen, als ob Sie bereits verstorben wären. Das bedeutet, dass wenn Sie Nachkommen (Kinder oder Enkel) haben, die Nachkommen an Ihre Stelle als Erben treten. 

Wenn Sie als eingesetzter Erbe Ihr Erbe ausschlagen, verlieren Sie ebenfalls die Erbenstellung. Ihr Teil wird dann entweder gemäss Wille des Erblassers an einen anderen eingesetzten Erben vererbt oder unter den gesetzlichen Erben aufgeteilt. 

Haben alle Erben ausgeschlagen, so wird die Erbschaft durch das Konkursamt liquidiert. Wenn es nach der konkursamtlichen Liquidation einen Überschuss gibt, wird dieser an die gesetzlichen Erben ausgezahlt, als hätte es nie eine Ausschlagung gegeben.

Was ist ein öffentliches Inventar?

Wie bereits erwähnt, kann anstelle einer direkten Erbausschlagung zuerst auch ein öffentliches Inventar verlangt werden. Es dient dazu, herauszufinden, wie die finanzielle Situation des Erblassers aussieht. 

Wenn ein öffentliches Inventar beantragt wird,  werden die Vermögenswerte des Erblassers geschätzt, die Schulden (Verbindlichkeiten) erfasst und in einem Verzeichnis festgehalten. Jeder, der über die Vermögensverhältnisse Bescheid geben kann, ist verpflichtet, darüber Auskunft zu geben. Dies gilt auch für Erben, wenn sie Kenntnis über die Schulden des Erblassers haben. Zudem macht die zuständige Behörde noch einen Rechnungsruf. Das heisst, dass die Behörde die Öffentlichkeit auffordert, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu melden, wenn jemand noch Forderungen oder Schulden gegenüber dem Erblasser hat.

Das öffentliche Inventar kann dann während einer gewissen Zeit von allen Erben eingesehen werden. So haben die Erben die Möglichkeit, sich innerhalb eines Monates zu entscheiden. Nach dem öffentlichen Inventar bleiben den Erben folgende Möglichkeiten:

  • Ausschlagung des Erbes: Der Erbe tritt sein Erbe nicht an.
  • Vorbehaltlose Annahme: Der Erbe tritt sein Erbe an.
  • Annahme unter öffentlichem Inventar: Der Erbe tritt sein Erbe so an, wie es sich aus dem öffentlichen Inventar ergibt. Relevant sind nur die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Schulden), die im öffentlichen Inventar aufgelistet sind.
  • Amtliche Liquidation: Alle Erben verlangen anstelle einer Ausschlagung die amtliche Liquidation. Somit sind sie für die Schulden des Erblassers nicht haftbar (verantwortlich).

☝️Wenn Sie das öffentliche Inventar beantragt haben und sich anschliessend nicht melden, geht die zuständige Behörde davon aus, dass Sie das Erbe unter öffentlichem Inventar annehmen. 

❗️Ein öffentliches Inventar verursacht Kosten. Grundsätzlich werden die Kosten von der Erbschaft bezahlt. Wenn die Erbschaft über kein Vermögen verfügt, muss die Person, welche ein solches öffentliches Inventar beantragt hat, die Kosten übernehmen.

Wir helfen Ihnen

Wir empfehlen Ihnen, wenn Sie ein Erbe ausschlagen möchten, einen Anwalt beizuziehen. Eine Ausschlagung kann nicht rückgängig gemacht werden und erfordert deshalb reifliche Überlegungen. Unsere auf Erbrecht spezialisierten Anwälte und Anwältinnen beraten Sie gerne.  

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