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Gemeinsames Sorgerecht in der Schweiz
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Gemeinsames Sorgerecht in der Schweiz

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Das Sorgerecht will das Kindeswohl bestmöglich gewährleisten und beinhaltet verschiedene Aspekte. In der Schweiz gilt der Grundsatz des gemeinsamen Sorgerechts. Im nachfolgenden Artikel erklären wir Ihnen, in einfach verständlicher Weise, die wichtigsten Punkte zum gemeinsamen Sorgerecht.

Gemeinsames Sorgerecht in der Schweiz

Prinzip des gemeinsamen Sorgerechts

Das Sorgerecht beinhaltet das Recht und auch die Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Der Inhaber der elterlichen Sorge hat demnach das Recht und die Pflicht, entsprechend dem Kindeswohl für das Kind zu sorgen. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Personen- und Vermögenssorge. Zur persönlichen Sorge gehören unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Erziehung, Pflege, Entscheide bezüglich medizinischer Behandlung und Aufsicht. Bei der Vermögenssorge geht es darum, das Kindesvermögen zu verwalten. 

Das Prinzip des gemeinsamen Sorgerechts besagt, dass bei verheirateten Paaren das Sorgerecht beiden Eltern automatisch gemeinsam zusteht und dies grundsätzlich auch im Falle einer Trennung/ Scheidung so bleibt. Was sich nach einer Trennung oder Scheidung oftmals ändert, ist die Obhut

Situation bei Unverheirateten

Das Prinzip des gemeinsamen Sorgerechts gilt grundsätzlich auch bei unverheirateten Paaren. Es gilt jedoch nicht automatisch. Von Gesetzes wegen hat bei der Geburt des Kindes die Mutter das alleinige Sorgerecht. Damit der biologische Vater das Sorgerecht ebenfalls erlangt, muss er einerseits die Vaterschaft anerkennen und andererseits müssen beide Elternteile gemeinsam einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Zivilstandsamt stellen. Dabei müssen sie erklären, dass sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben wollen. Sie müssen erklären, dass Sie dazu bereit sind Verantwortung zu übernehmen, sich über die Obhut (alternierend oder alleinig) geeinigt haben und auch eine Regelung bezüglich der Betreuungsanteile (bei alternierender Obhut) oder des persönlichen Verkehrs und Unterhalts (bei alleiniger Obhut) gefunden haben.

💡Die Erklärung kann gleichzeitig mit der Vaterschaftsanerkennung erfolgen. In diesem Fall ist beides beim Zivilstandsamt einzureichen. Hat die Vaterschaftsanerkennung bereits stattgefunden, kann die Erklärung auch bei der zuständigen Kindesschutzbehörde abgegeben werden.

Sorgerecht und Obhut

Die elterliche Sorge (Sorgerecht) umfasst, wie bereits erwähnt, die Personen- und Vermögenssorge. Unter Obhut versteht man das Recht, mit dem Kind zusammenzuwohnen und sich dabei um die alltäglichen Belange des Kindes zu kümmern. Die Obhut ist ein Teil der elterlichen Sorge. Das Obhutsrecht setzt Sorgerecht voraus. Weitere Informationen zur Obhut finden Sie hier.

☝️In der Praxis ist die Situation “gemeinsames Sorgerecht beider Eltern und alleinige Obhut eines Elternteils” aus praktischen Gründen weit verbreitet. Dennoch hat der nicht obhutsberechtigte Elternteil ein Mitbestimmungsrecht bezüglich des Aufenthaltsorts. 

Bedeutung des gemeinsamen Sorgerechts

Beim gemeinsamen Sorgerecht tragen die Eltern gemeinsam Verantwortung für das Wohlergehen des Kindes. Die Sorgerechtsinhaber teilen sich alle Rechte und Pflichten. 

Eine Grundvoraussetzung für das gemeinsame Sorgerecht ist daher die Fähigkeit, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Dies setzt einerseits Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit voraus und andererseits den Willen, gemeinsam für das Kindeswohl zusammenzuarbeiten. 

Bei verheirateten Eltern

Das Schweizer Recht geht davon aus, dass die Kommunikationsfähigkeit und der Wille zur gemeinsamen Zusammenarbeit bei verheirateten und nicht getrennt lebenden Eltern grundsätzlich gegeben ist. Gibt es dennoch Situationen, in denen sich die Eltern nicht einigen können, kann in den meisten Fällen ein Gespräch mit der Kindesschutzbehörde oder einer besonders geschulten Person weiterhelfen.

Bei unverheirateten, getrennten oder geschiedenen Eltern

Im Falle von unverheirateten Eltern oder bei Trennung oder Scheidung ist die Kommunikationsfähigkeit und der Wille zur Zusammenarbeit nicht per se gegeben. 

Das Kindeswohl steht jedoch auch hier an oberster Stelle. Es ist wichtig, dass sich Konflikte zwischen den Eltern nicht negativ auf das Kindeswohl auswirken. Im schlimmsten Fall muss ein Gericht Entscheidungen, die das Kind betreffen, fällen. 

☝️Wenn Sie sich in einer schwierigen Situation mit dem Vater des Kindes befinden und eine Einigung nicht möglich scheint, empfehlen wir Ihnen die Kontaktaufnahme mit einer Spezialistin/ einem Spezialisten für Familienrecht. Unsere Spezialisten verfügen über breites Know-How und sind möglicherweise in der Lage, die Situation zu entschärfen und eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.

Problemfeld: Umzug

Wenn Sie sich die elterliche Sorge teilen (gemeinsames Sorgerecht), bedeutet dies, dass ein Umzug unter Umständen nicht möglich ist. Diese Einschränkung, die das geteilte Sorgerecht mit sich bringt, gilt sowohl bei alternierender (geteilter) Obhut als auch bei alleiniger Obhut

Wie bereits erwähnt, geht es bei allen Aspekten der elterlichen Sorge primär um das Kindeswohl. Ein wichtiger Aspekt des Kindeswohls ist die Möglichkeit, eine Beziehung zu beiden Elternteilen zu pflegen. Wenn Sie nun einen Umzug planen, der diese Möglichkeit nicht (zu sehr) einschränkt, stellt ein Umzug kein Problem dar. Wird durch einen Umzug die Ausübung der elterlichen Sorge erheblich erschwert oder gar verunmöglicht, können Sie ohne Zustimmung des betroffenen Elternteils nicht umziehen. Wenn Sie sich nicht einigen können, kann es sein, dass das Gericht darüber entscheiden muss. 

💡Diese Zustimmungspflicht besteht nur im Falle des gemeinsamen Sorgerechts. Liegt ein Fall von alleinigem Sorgerecht vor, sind Sie, wenn Sie umziehen, lediglich dazu verpflichtet, den anderen Elternteil darüber zu informieren. 

Alleiniges Sorgerecht beantragen

Sie haben die Möglichkeit, das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Es ist jedoch zu beachten, dass das alleinige Sorgerecht nur dann einem Elternteil zugewiesen wird, wenn es das Kindeswohl erfordert. Das Bundesgericht hat klar gesagt, dass diese Lösung die Ausnahme bleiben muss. Es hat festgehalten, dass die Zuweisung des Sorgerechts an einen Elternteil voraussetzt, dass ein erheblicher und dauerhafter Konflikt besteht oder die Eltern dauerhaft nicht in der Lage sind, miteinander Entscheidungen über das Kind zu treffen. Die aktuelle Situation muss weiter einen negativen Einfluss auf das Kind haben (Kindeswohlgefährdung) und die neue Situation (alleiniges Sorgerecht) lässt eine Verbesserung der Situation erwarten. 

Wenn Sie das alleinige Sorgerecht beantragen, hat das Gericht neben der Zuweisung des Sorgerechts an einen Elternteil auch die Möglichkeit, die elterliche Sorge nur für eine bestimmte Sache an einen Elternteil zu übertragen und sonst die gemeinsame elterliche Sorge beizubehalten. 

Das Vorgehen, um das alleinige Sorgerecht zu beantragen, hängt von Ihrer Situation ab. Wir empfehlen Ihnen auf jeden Fall, die Situation mit einem Spezialisten/ einer Spezialistin für Familienrecht anzuschauen. Er oder Sie kann Ihnen helfen, die Situation einzuordnen und die Erfolgschancen abschätzen.

Entzug der elterlichen Sorge

Im Interesse des Kindeswohls ist es möglich, die elterliche Sorge vorübergehend oder dauerhaft, teilweise oder ganz zu entziehen. Bevor jedoch das Sorgerecht entzogen wird, werden andere Massnahmen geprüft. 

Voraussetzungen für den Sorgerechtsentzug können beispielsweise schwere psychische und physische Gewalt, schwere Pflichtverletzung oder Vernachlässigung des Kindes, minderjährige Eltern oder eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit sein. 

Folgen des Sorgerechtsentzugs

Bei den Rechtsfolgen muss unterschieden werden, ob beiden Eltern oder nur einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird.

  • Wird beiden Eltern das Sorgerecht entzogen, wird ein Vormund eingesetzt. Dieser übernimmt nun die elterliche Sorge.
  • Wird nur einem Elternteil das Sorgerecht entzogen, erhält der andere Elternteil das alleinige Sorgerecht.  

Wir helfen Ihnen

Das Sorgerecht beinhaltet verschiedene Rechte und Pflichten. Während einer funktionierenden Ehe spielt die elterliche Sorge keine bedeutende Rolle. Bei unverheirateten, getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern wird das (gemeinsame) Sorgerecht jedoch immer wieder zu einem Knackpunkt. 

Auf Familienrecht spezialisierte Anwälte/ Anwältinnen kennen sich bestens mit diesen Knackpunkten aus. Sie kennen die aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung, können hilfreiche Tipps und die notwendige Unterstützung in Bezug auf das Sorgerecht und Kindeswohl geben. Oftmals kann durch den frühzeitigen Beizug eines Rechtsbeistands der Gang zum Gericht verhindert werden.

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Was versteht man unter Sorgerecht?
Wer hat mehr Rechte, die Mutter oder der Vater?
Kann das gemeinsame Sorgerecht verweigert werden?