Kapitalerhöhung einer AG: Ablauf, Formen & Voraussetzungen
08.07.2025
Einleitung
Die Kapitalerhöhung einer AG ist ein wichtiger Schritt, um die finanzielle Basis eines Unternehmens zu stärken. Sie ermöglicht es Aktiengesellschaften, zusätzliches Eigenkapital zu beschaffen und ihre Handlungsfähigkeit zu erweitern. Diese strategische Massnahme wird besonders relevant durch das revidierte Aktienrecht 2023. Mit dem neuen Instrument des Kapitalbands erhalten Unternehmen mehr Spielraum bei der Gestaltung ihres Kapitals. Dieser Leitfaden richtet sich an Unternehmen, die ihre Wachstumsziele durch eine Kapitalerhöhung erreichen möchten.
Was ist eine Kapitalerhöhung?
Eine Kapitalerhöhung bezeichnet die Aufstockung des Aktienkapitals einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe neuer Aktien oder die Erhöhung des Nennwerts bestehender Aktien.
Die Entscheidung für eine Kapitalerhöhung kann verschiedene wirtschaftliche Beweggründe haben. Viele Unternehmen streben eine Expansion an und benötigen dafür zusätzliches Kapital, um in neue Märkte vorzudringen oder ihre Produktionskapazitäten zu erweitern. Auch Investitionen in neue Technologien erfordern oft erhebliche finanzielle Mittel, die durch eine Kapitalerhöhung beschafft werden können. Eine weitere wichtige Motivation kann die Stärkung der Eigenkapitalbasis sein, wodurch die finanzielle Stabilität des Unternehmens verbessert wird.
Die Entscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital hängt von der Unternehmensstrategie, den Marktbedingungen und der finanziellen Situation der Aktiengesellschaft ab.
Arten von Kapitalerhöhungen bei der AG
Das Schweizer Aktienrecht kennt drei verschiedene Arten der Kapitalerhöhung, die sich in ihren Verfahren und Anwendungsbereichen unterscheiden.
Ordentliche Kapitalerhöhung
Die ordentliche Kapitalerhöhung ist die traditionelle und am häufigsten genutzte Form der Kapitalerhöhung im Schweizer Aktienrecht. Sie kann entweder durch die Erhöhung des Nennwerts der bestehenden Aktien oder durch die Ausgabe neuer Aktien erfolgen. Diese Form zeichnet sich durch einen strukturierten Prozess aus, der verschiedene rechtliche und formelle Anforderungen umfasst. An den Beschluss der Generalversammlung werden folgende Anforderungen gestellt:
Grundsätzlich die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte
Ausnahme: Es wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit der vertretenen Stimmen verlangt im Falle einer Kapitalerhöhung mittels Sacheinlage oder Verrechnung mit einer Forderung
Der Verwaltungsrat muss die Kapitalerhöhung innerhalb von sechs Monaten nach dem Generalversammlungsbeschluss beim Handelsregister zur Eintragung anmelden. Die neuen Aktien können erst nach der Handelsregistereintragung ausgegeben werden.
Bedingte Kapitalerhöhung
Die bedingte Kapitalerhöhung ermöglicht eine flexible Anpassung des Aktienkapitals basierend auf spezifischen Bedingungen. Die bedingte Kapitalerhöhung wird in der Generalversammlung beschlossen und das Aktienkapital erhöht sich dann automatisch, sobald bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind - ohne erneuten Beschluss der Generalversammlung.
Typische Anwendungsfälle:
Wandelanleihen: Gläubiger können ihre Forderungen in Aktien umwandeln
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme: Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter
Die bedingte Kapitalerhöhung muss in den Statuten verankert sein und darf maximal 50% des bestehenden Aktienkapitals betragen. Die Aktionäre verzichten bei dieser Form auf ihr Bezugsrecht zugunsten der definierten Berechtigten.
Praxisbeispiel
Die Tech Innovations AG plant eine bedingte Kapitalerhöhung, um ihre Mitarbeiter durch die Beteiligung am Unternehmen zu motivieren. . In der Generalversammlung wird beschlossen, dass das Aktienkapital um maximal 20% erhöht werden kann, wenn Mitarbeiter ihre Optionen ausüben.
Sobald die Mitarbeiter entscheiden, ihre Optionen in Aktien umzuwandeln, erfolgt die Kapitalerhöhung automatisch ohne weiteren Beschluss der Generalversammlung. Die Statuten der Tech Innovations AG beinhalten diese Regelung und sorgen dafür, dass die Aktionäre auf ihr Bezugsrecht verzichten, um den Mitarbeitern den Zugang zu den neuen Aktien zu ermöglichen.
Durch diese Massnahme stärkt die Tech Innovations AG nicht nur die Motivation ihrer Mitarbeiter, sondern ermöglicht auch eine flexible Anpassung des Kapitals entsprechend den Unternehmenszielen.
Kapitalband
Das Kapitalband ist ein flexibles Instrument, das Unternehmen ermöglicht, ihre Eigenkapitalbasis in einem festgelegten Rahmen zu erhöhen oder zu senken.
Das Kapitalband ermächtigt den Verwaltungsrat, das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren innerhalb einer zuvor von der Generalversammlung festgelegten Bandbreite anzupassen. Innerhalb dieser Ermächtigung hat der VR die Möglichkeit, das Aktienkapital flexibel und bedarfsgerecht zu verändern.
Zentrale Merkmale:
Flexibilität bei der Anpassung des Kapitals
Erhöhung oder Senkung des Aktienkapitals innerhalb festgelegter Grenzen
Statutarische Verankerung erforderlich
Maximale Erhöhung respektive: 50% des aktuell eingetragenen Aktienkapitals
Hier gilt zu beachten, dass die Umsetzung des Kapitalbands in Form einer Heruntersetzung des Kapitals lediglich möglich ist, sofern die Aktiengesellschaft revidiert ist.
Praktische Vorteile:
Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen
Möglichkeit zur schnellen Kapitalaufnahme ohne GV-Beschluss
Das Kapitalband bietet Unternehmen eine attraktive Möglichkeit, ihre Finanzierungsstrategie dynamisch zu gestalten und sich schnell an sich ändernde Marktbedingungen anzupassen.
Praxisbeispiel
Die Tech & Consult Zürich AG beschliesst, zum bestehenden Kapital von CHF 1'000'000 ein Kapitalband mit einer Untergrenze von CHF 500'000 und einer Obergrenze von CHF 1'500'000 - somit das Maximum gegen oben und unten - einzuführen. Als sich eine vielversprechende Übernahmemöglichkeit eines Konkurrenten ergibt, kann der Verwaltungsrat das Aktienkapital innerhalb weniger Tage auf CHF 1'300'000 erhöhen, um die Akquisition zu finanzieren.
Einige Monate später, nach erfolgreicher Integration des übernommenen Unternehmens und gestiegener Liquidität, beschliesst der Verwaltungsrat eine Kapitalherabsetzung auf CHF 800'000, um überschüssiges Kapital an die Aktionäre zurückzuführen. Diese Flexibilität ermöglicht der Tech & Consult Zürich AG eine optimale Anpassung ihrer Kapitalstruktur an die jeweilige Geschäftssituation, ohne dabei zeitaufwendige Generalversammlungen einberufen zu müssen.
Rechtliche Rahmenbedingungen im revidierten Aktienrecht seit 2023
Mindesteinlage pro Aktie
Das Aktienrecht wurde im Jahr 2023 umfassend revidiert und bringt bedeutende Änderungen für Kapitalerhöhungen mit sich. Es ist neu erlaubt, Aktien mit einem Nennwert von weniger als CHF 0.01 auszugeben – vorausgesetzt, der Nennwert beträgt mehr als null. Vielfach verwendet werden Nennwerte von CHF 0.01 (1 Rappen) oder CHF 1.
Aktienkapital in Fremdwährungen
Seit der Aktienrechtsrevision 2023 dürfen Aktiengesellschaften ihr Aktienkapital in einer funktionalen Fremdwährung führen, sofern diese für die Geschäftstätigkeit wesentlich ist. Zulässig sind aktuell Euro, US-Dollar, Britisches Pfund und Japanischer Yen gemäss Anhang 3 der revidierten Handelsregisterverordnung. Ein Wechsel der Kapitalwährung kann durch die Generalversammlung auf den Beginn eines Geschäftsjahres beschlossen werden. Dies vereinfacht die Kapitalstruktur insbesondere für Unternehmen, die ihre Buchführung bereits in einer Fremdwährung führen.
Liberierungsarten - wie kann das Kapital eingebracht werden?
Bei einer Kapitalerhöhung muss das neue Aktienkapital liberiert werden. In der Schweiz sind dafür drei Hauptarten häufig:
1. Bareinlage
Die häufigste Form: Neue Aktien werden durch Einzahlung von Geld auf ein Sperrkonto gezeichnet. Sie eignet sich besonders zur Finanzierung von Wachstum.
2. Sacheinlage
Hier erfolgt die Einbringung von Vermögenswerten wie Immobilien, Fahrzeugen oder Patenten statt Geld. Diese Methode erfordert eine Bewertung durch einen Revisor und eine Offenlegung im Handelsregister.
3. Verrechnung mit Forderungen
Bestehende Forderungen gegenüber der AG können in Aktien umgewandelt werden. Diese Methode wird oft genutzt, um Verbindlichkeiten in Beteiligungskapital umzuwandeln und die Eigenkapitalstruktur zu verbessern.
Jede Methode unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben (insb. OR 652 ff.) und muss sorgfältig geplant und dokumentiert werden.
Fazit
Die Kapitalerhöhung einer AG ist ein wichtiges Werkzeug für die strategische Unternehmensfinanzierung. Die verschiedenen Arten - ordentliche, bedingte und genehmigte Kapitalerhöhung - bieten Unternehmen flexible Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung:
Wachstumsfinanzierung: Gezielte Investitionen in neue Märkte und Geschäftsfelder
Liquiditätssicherung: Stärkung der finanziellen Basis für operative Geschäftstätigkeit
Strategische Partnerschaften: Integration neuer Aktionäre zur Unternehmensentwicklung
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