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Güterrechtliche Auseinandersetzung in der Schweiz
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Güterrechtliche Auseinandersetzung in der Schweiz

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Die finanziellen Folgen einer Scheidung  von Ihrem Ehegatten/Ihrer Ehegattin hängen unter anderem von der Wahl des ehelichen Güterstandes ab.

Befinden Sie sich gerade in Scheidung und überlegen, ob wirklich das halbe Vermögen an die Exfrau oder den Exmann geht? Wollen Sie wissen,  welche Güterstände es in der Schweiz gibt, was die güterrechtliche Auseinandersetzung ist, wie lange sie dauert und was sie kostet?

Der nachfolgende Beitrag informiert Sie in leicht verständlicher Weise über die verschiedenen Güterstände in der Schweiz und das Wichtigste zu den Scheidungsfolgen in Bezug auf die güterrechtliche Auseinandersetzung in der Schweiz.

Güterrechtliche Auseinandersetzung in der Schweiz

Güterstände in der Schweiz

Bevor wir die finanziellen Folgen der Scheidung, beziehungsweise die güterrechtliche Auseinandersetzung erklären, geht es darum, die Güterstände zu verstehen. Die Verteilung des Vermögens bei einer Scheidung hängt nämlich vom Güterstand des Ehepaares ab. Die Schweiz kennt drei unterschiedliche Güterstände: die Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsbeteiligung und die Gütertrennung.

1. Errungenschaftsbeteiligung

Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung kommt automatisch zur Anwendung, wenn das Ehepaarnichts anderes vereinbart. Man spricht auch vom gesetzlichen oder ordentlichen Güterstand. Es gibt vier Gütermassen: das Eigengut der Frau, das Eigengut des Mannes, die Errungenschaft der Frau und die Errungenschaft des Mannes. die Errungenschaftsbeteiligung zeichnet sich durch folgende Besonderheiten aus:

  • Jene Güter, welche die Ehegatten vor der Heirat besassen oder während der Ehe erben oder geschenkt erhalten, bleiben im Eigentum derjenigen Person. 
  • Während der Ehe bildet sich bei jedem Ehegatten eine sogenannte Errungenschaft. Damit sind jene Erträge gemeint, die während der Ehe individuell oder gemeinsam erzielt werden (Lohn, Zinsen, Dividenden, etc.).
  • Das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen wird bei Trennung, Scheidung, Tod oder der Gründung eines neuen Güterstands je hälftig geteilt.

Modifizierte Errungenschaftsbeteiligung

Wird der ordentliche Güterstand durch einen Ehevertrag modifiziert, spricht man von modifizierter Errungenschaftsbeteiligung. Wie die Änderungen aussehen, hängt ganz von Ihnen ab. Sie können damit beispielsweise die erbrechtlichen Folgen verändern. In der Praxis kommen folgende Änderungen häufig vor: 

  • Abänderung der Vorschlagsbeteiligung
  • Ausschluss der Mehrwertbeteiligung
  • Erträge gelten als Eigengut
  • Unternehmen gilt als Eigengut

Wenn Sie einen Ehevertrag aufsetzen und so die Errungenschaftsbeteiligung modifizieren möchten, empfehlen wir Ihnen, sich mit einem unserer Spezialisten in Verbindung zu setzen.

2. Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft ist der “romantischste” unter den Güterständen. Hier gibt es drei Gütermassen: Das Eigengut der Frau, das Eigengut des Mannes und das Gesamtgut. Mit einem notariell beglaubigten Ehevertrag kann ein frisch verliebtes Ehepaar sein Glück besiegeln und von der gesetzlichen Standardregel, der Errungenschaftsbeteiligung, abweichen. 

Was zum Gesamtgut gehören soll, legt das Gesetz nicht eindeutig fest. Die Eheleute verfügen also über einen gewissen Spielraum, was alles als Gesamtgut zählen soll. Es gibt drei sogenannte Zuteilungsvorschläge in Bezug auf das Gesamtgut:  

  1. Wird der Güterstand der Gütergemeinschaft gewählt, jedoch sonst nichts vereinbart, sind die Regeln der allgemeinen Gütergemeinschaft anwendbar. Bei der allgemeinen Gütergemeinschaft werden grundsätzlich alle Vermögenswerte der Ehegatten zum Gesamtgut gezählt. Als Eigengut zählen beispielsweise Vermögenswerte des ausschliesslichen persönlichen Gebrauchs oder allfällige Genugtuungsansprüche.
  1. Bei der zweiten Möglichkeit, der Errungenschaftsgemeinschaft, besteht das Gesamtgut aus dem durch wirtschaftliche Tätigkeit erworbenen Vermögen, welches als Errungenschaft bezeichnet wird. Als Eigengut gilt jener Teil, der auch bei der Errungenschaftsbeteiligung als Eigengut klassifiziert ist.
  1. Als dritte Option gibt es die sogenannte Ausschlussgemeinschaft. Durch den Ehevertrag werden bestimmte Vermögenswerte oder Arten von Vermögenswerten, wie z.B. Grundstücke, vom Gesamtgut ausgeschlossen. als Eigengut gilt all das, was nach Vertrag, Gesetz oder Zuwendung Dritter dazu gemacht wird. 

Besonders an der Gütergemeinschaft ist, dass das Gesamtgut beiden Ehegatten ungeteilt gehört und sie darüber ausschliesslich gemeinsam bestimmen können. 

💡 Der Unterschied zur gesetzlichen Standardregelung der Errungenschaftsbeteiligung liegt darin, dass bei der Errungenschaftsbeteiligung beide Eheleute über ihr eigenes Vermögen individuell verfügen. 

3. Gütertrennung 

Wie der Name dieses Güterstandes schon erahnen lässt, verfügen beide Eheleute über ihr eigenes Vermögen. Es handelt sich eigentlich um einen “Nicht-Güterstand”. Es gibt weder Errungenschaften noch Gesamtgut, nur Eigengut der Frau und Eigengut des Mannes.  Bei der Auflösung des Güterstandes nehmen beide ihr Vermögen und ihre Schulden mit. 

💡 Angewendet wird dieser Güterstand normalerweise im Falle eines gerichtlichen Eheschutzverfahrens oder in Sonderfällen, in denen eine Person ihr Vermögen vor dem Verhalten ihrer Ehepartnerin/ihres Ehepartners dringend schützen muss (beispielsweise bei verschwenderischer Lebensweise). Beides erfordert einen Beschluss durch ein Gericht.

Die güterrechtliche Auseinandersetzung 

Bevor die güterrechtliche Auseinandersetzung stattfindet, muss der Güterstand aufgelöst werden. Das bedeutet, dass das wirtschaftliche Verhältnis (ja so wird die Ehe auch genannt) beendet und dann kommt es zur güterrechtlichen Auseinandersetzung. Gründe für die Auflösung des Güterstandes sind beispielsweise die Scheidung oder der Tod eines Ehegatten. 

Wie bereits erwähnt, kennt das Schweizer Recht drei Güterstände, um das Vermögen der Ehegatten zu verwalten. Der Güterstand tritt mit der Eheschliessung in Kraft und legt fest, wem während der Ehe was gehört und wie Vermögen und Schulden bei Scheidung oder Tod verteilt werden sollen. 

Unabhängig davon, welcher Güterstand in Ihrer Ehe zur Anwendung kommt, wird der Güterstand mit der Scheidung, dem Tod, der Ungültigerklärung der Ehe oder aufgrund gerichtlicher Anordnung aufgelöst. Anders formuliert, spricht man von der güterrechtlichen Auseinandersetzung, wenn die Ehe geschieden und die Vermögenswerte unter den noch Eheleuten aufgeteilt werden. Je nach gewähltem Güterstand läuft die Auflösung anders ab.

Auflösung der Güterstände

1. Auflösung der Errungenschaftsbeteiligung

Kommt es im Rahmen einer Scheidung in der Schweiz zur Auflösung der (normalen) Errungenschaftsbeteiligung, kann dieser Ablauf grob in drei Schritte unterteilt werden:

  1. Trennung des Vermögens von Mann und Frau

Jeder Ehegatte nimmt diejenigen Vermögenswerte, die ihnen gehören und sich im Besitz des anderen befinden, zurück. Gleichzeitig werden die gegenseitigen Schulden geregelt. 

Wenn sich gewisse Vermögenswerte im Miteigentum befinden, kann dieser von einer Person “übernommen” werden, wenn ein überwiegendes Interesse daran besteht. Im Gegenzug muss der anderen Person der Wert entsprechend entschädigt werden. Auch die Schulden sind zu regeln.

  1. Aussonderung der Eigengüter

Im zweiten Schritt werden die Gütermassen der Ehegattin und des Ehegatten eruiert. Das geschieht für jeden Ehegatten separat. Wie wir wissen, gibt es das Eigengut und die Errungenschaft. Alle Vermögenswerte einer Person müssen entweder dem Eigengut oder der Errungenschaft zugeteilt werden. Für die Bewertung von Vermögenswerten ist der Verkehrswert massgeblich im Zeitpunkt, in dem das Scheidungsbegehren eingereicht wird. 

☝️ Auch wenn beide Gütermassen an der Finanzierung eines Vermögensgegenstandes beteiligt sind, muss der Vermögensgegenstand trotzdem einer Gütermasse zugeteilt werden. Der andere Güterstand erhält dann eine “Ersatzforderung”.

☝️ Für Schulden gilt dasselbe Prinzip. Sie werden dem Eigengut oder der Errungenschaft zugeteilt, und zwar je nachdem, mit welcher Gütermasse sie am engsten zusammenhängen. Anschliessend besteht gegenüber der anderen Gütermasse eine Ersatzforderung.

Grundsätzlich darf jeder Ehegatte über sein Vermögen verfügen. Gewisse Vermögenswerte müssen jedoch nachträglich hinzugerechnet werden, wenn sie (ungerechtfertigt)  aus der Errungenschaft verschwinden. Hinzurechnen bedeutet in diesem Fall, dass derjenige Ehegatte, der mit Geld aus der Errungenschaft solche Geschäfte getätigt hat, den entsprechenden Wert aus seinem Eigengut wieder in die Errungenschaft “einzahlen” muss. Folgende Arten von Vermögenswerten unterliegen der Hinzurechnung:

a. Unentgeltliche Zuwendungen innerhalb der letzten fünf Jahre, die ohne Zustimmung des Ehegatten gemacht wurden und vom Wert her über sogenannte Gelegenheitsgeschenke hinausgehen.

b. Umgehungsgeschäfte, die in Schädigungsabsicht getätigt wurden, auch wenn sie weiter als fünf Jahre zurückliegen.

  1. Beteiligung am Vorschlag und Erfüllung der Ansprüche

Wenn von beiden Ehegatten das Eigengut und die Errungenschaft getrennt ist, wird die jeweilige Errungenschaft wichtig. Ist der Wert der jeweiligen Errungenschaft positiv, spricht man von einem Vorschlag. Der andere Ehegatte hat Anspruch auf die Hälfte des Vorschlags.

2. Auflösung der Gütergemeinschaft

Wie Sie bereits wissen, gibt es bei der Gütergemeinschaft drei Gütermassen: Eigengut der Frau, Eigengut des Mannes und Gesamtgut. Die Auflösung der Gütergemeinschaft bei einer Scheidung läuft in zweiSchritten ab. 

  1. Zuordnung und Berechnung des Gesamtgutes

Das Vermögen wird in Gesamtgut, Eigentum der Frau und Eigentum des Mannes aufgeteilt. Schulden werden der Masse zugeteilt, bei der sie den engsten Zusammenhang haben. Wurden die Schulden aus einer anderen Masse bezahlt, entsteht eine Ersatzforderung. Möglich sind auch Mehrwertausgleiche.

  1. Teilung des Gesamtgutes und Vollzug 

Wird die Gütergemeinschaft infolge Scheidung aufgelöst, nimmt jeder (noch) Ehegatte das zurück, was unter der Geltung des Güterstandes der Errungenschaft sein Eigengut wäre. Das restliche Vermögen wird dann grundsätzlich hälftig geteilt.

3. Auflösung der Gütertrennung

Wie bereits erwähnt, ist das eigentlich ein Nicht-Güterstand.  Trotz Eheschliessung bleiben die Ehegatten vermögensrechtlich unabhängig. Das bedeutet im Fall der Scheidung, dass auch keine wirkliche güterrechtliche Auseinandersetzung stattfindet. Wird die Gütertrennung aufgelöst, nimmt jeder Ehegatte seine eigenen Vermögenswerte, die im Besitz des anderen sind, zurück. Befinden sich Gegenstände im Miteigentum, werden sie derjenigen Person, die ein überwiegendes Interesse nachweisen kann, zugesprochen. Umgekehrt muss eine Entschädigung geleistet werden.

Dauer und Kosten der güterrechtlichen Auseinandersetzung

Die Dauer einer güterrechtlichen Auseinandersetzung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend ist an erster Stelle der gelebte Güterstand während der Ehe. Bei der Errungenschaftsbeteiligung dauert die Auseinandersetzung länger als bei der Gütertrennung. Doch auch innerhalb der jeweiligen Güterstände kommt es ganz auf die jeweiligen Besonderheiten an. Werden Vermögenswerte aus mehreren Gütermassen finanziert oder gibt es Streitigkeiten in Bezug auf Eigentumsverhältnisse, kann dies die Dauer verlängern. 

💡 Auch wenn Sie möglicherweise glücklich verheiratet sind und eine Scheidug nicht in Frage kommt, ist es trotzdem sinnvoll, während der gesamten Ehe eine Übersicht über die Eigentumsverhältnisse der Vermögenswerte zu haben, beispielsweise durch eine Auflistung oder die Ablage von Belegen.

Wie die Dauer können auch die Scheidungskosten  variieren. In der Schweiz richten sich die Gerichtskosten nach dem Streitwert. In der Regel kommen noch Anwaltskosten hinzu. Diese können sich bis zu einem gewissen Grad auch am Streitwert oder der  Komplexität des Falles orientieren. Je nach Situation fallen zudem Kosten für Gutachten an, um den Wert von Vermögenswerten zu schätzen.

Die Realität 

Auf den ersten Blick scheinen die Güterstände klar definiert und die güterrechtliche Auseinandersetzung eine einfache Rechenaufgabe zu sein. Im Alltag lassen sich Vermögensgegenstände jedoch nicht immer klar zum Eigentum einer Ehegattin/eines Ehegatten oder einer Gütermasse (Errungenschaft, Gesamtgut, Eigengut) zuteilen. 

Dies ist vor allem der Fall, wenn ein Gegenstand durch beide Eheleute und unterschiedliche Gütermassen finanziert wurde. So kann ein Grundstückskauf, der durch die Erbschaft der Ehefrau, eine Schenkung an den Ehemann und eine Hypothek, die durch beide Eheleute aus Erwerbseinkommen bezahlt wird, zu einem administrativen Grosseinsatz werden. Auch unterliegt der Wert eines Vermögensgegenstandes Schwankungen und muss bei der Zuteilung z.B. in Form einer sogenannten Mehrwertbeteiligung angemessen berücksichtigt werden.

Oft investieren Eheleute auch in das Eigentum des jeweils anderen. So besitzt eine Ehegattin/ein Ehegatte oft Eigentum, das mit Hilfe der Ehepartnerin/des Ehepartners erworben wurde. Auch wenn Sie aus rechtlicher Sicht nicht das Eigentum an einem bestimmten Vermögenswert haben, könnten Sie im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung einen Anspruch auf Ihre Investition haben, und zwar inklusive des angefallenen Mehrwertes ihres Anteils. 

Wenn die Ehegattin z.B. mit ihrer Erbschaft die gemeinsame Eigentumswohnung der Familie zu 40% finanziert und der Wert der Immobilie während der Ehe steigt, so hat sie Anspruch auf ihre Investition von 40% inklusive des anteiligen Mehrwertes. Dies ist auch der Fall, wenn die Immobilie in der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Errungenschaft des Mannes zugeteilt wird, falls der Grossteil des Kaufpreises durch seinen Lohn bezahlt wurde. So werden die tatsächlichen Investitionsverhältnisse der Eheleute durch eine formelle Zuteilung nicht verschleiert. 

Wie Sie sehen, können sich bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung bei einer Scheidung verschiedene Problemfelder auftun. Wenn Sie Unterstützung bei Ihrer Scheidung (oder in deren Vorfeld) benötigen und eine massgeschneiderte Einschätzung unter Berücksichtigung aller für Sie relevanten Faktoren erhalten möchten, helfen Ihnen unsere Spezialisten gerne weiter!

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