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Patientenverfügung in der Schweiz: Die Selbstbestimmung des Patienten
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Patientenverfügung in der Schweiz: Die Selbstbestimmung des Patienten

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Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, das festlegt, welche medizinischen Massnahmen eine Person in bestimmten Situationen wünscht oder ablehnt. Sie ermöglicht es, den eigenen Willen in medizinischen Notfällen oder bei schweren Erkrankungen durchzusetzen, wenn man nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen oder mitzuteilen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen in der Schweiz, erklärt, wie man eine Patientenverfügung verfasst und welche Inhalte darin enthalten sein können.

Patientenverfügung in der Schweiz

Was ist eine Patientenverfügung? 

Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, in dem eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Massnahmen sie in bestimmten Situationen wünscht oder ablehnt. Sie dient dazu, den eigenen Willen in medizinischen Notfällen oder bei schweren Erkrankungen durchzusetzen, wenn man nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Entscheidungen zu treffen oder diese mitzuteilen.

Die rechtliche Grundlage in der Schweiz

Das Recht auf Selbstbestimmung durch eine schriftliche Verfügung ist in Art. 370 ZGB verankert. Gemäss diesem Artikel hat jede Person das Recht, eine Patientenverfügung zu verfassen. Dabei ist es wichtig, dass die Verfügung freiwillig und in klarem Bewusstsein (sogenannte Urteilsfähigkeit) erstellt wird. 

💡Es empfiehlt sich, die Patientenverfügung schriftlich zu verfassen, zu datieren und zu unterschreiben. Zudem kann sie jederzeit widerrufen oder geändert werden.

Wie verfasst man eine Patientenverfügung? 

Jede urteilsfähige Person kann eine Patientenverfügung erstellen, unabhängig davon, ob sie volljährig oder minderjährig ist. Die Verfügung muss immer schriftlich verfasst werden, entweder handschriftlich oder maschinell. Der Inhalt der Verfügung sollte jedoch klar und eindeutig sein, um Missverständnisse oder Zweifel bei der Auslegung zu vermeiden.

☝️Sie können Ihre Patientenverfügung grundsätzlich selbst verfassen und müssen diese nicht unbedingt öffentlich beglaubigen lassen. Angesichts der Komplexität des Themas und der Gefahr zweideutiger Formulierungen empfehlen wir Ihnen jedoch, Fachleute in den Prozess einzubeziehen.

✅ Unsere ErbrechtsspezialistInnen können Sie bei Fragen und bei der Erstellung der Patientenverfügung beraten. Daneben empfehlen wir Ihnen, Ihren Ehe- oder Lebenspartner in den Prozess der Erstellung Ihrer Patientenverfügung einzubeziehen.

Was steht in einer Patientenverfügung? 

Die Inhalte einer Patientenverfügung können individuell unterschiedlich sein, da sie den persönlichen Wünschen und Überzeugungen des Verfassers entsprechen sollten. Typischerweise werden darin Entscheidungen über lebensverlängernde Massnahmen, Schmerzbehandlung, künstliche Ernährung oder bestimmte medizinische Therapien festgehalten. Es ist ratsam, klare und eindeutige Formulierungen zu verwenden, um Missverständnisse zu vermeiden.

Der Inhalt einer Patientenverfügung umfasst in der Regel zwei Teile: 

  1. Zunächst wird ausgedrückt, ob lebenserhaltende Massnahmen gewünscht oder grundsätzlich abgelehnt werden. 
  2. Im zweiten Teil werden dann die einzelnen Massnahmen aufgeführt, die akzeptiert oder abgelehnt werden.

Mögliche Massnahmen, die in einer Patientenverfügung festgelegt werden können, sind:

  • Reduzierung oder vollständige Einstellung der aktuellen Behandlung
  • Verlegung auf die Intensivstation
  • Anschluss an ein Beatmungsgerät
  • Chirurgische Eingriffe
  • Künstliche lebenserhaltende Massnahmen

Die Werteerklärung

Eine Patientenverfügung kann auch eine ausführliche Erklärung über Ihre persönlichen Werte enthalten, die es ermöglicht, Ihre Behandlungswünsche für jeden denkbaren medizinischen Fall festzulegen. Diese Erklärung dient den behandelnden Ärzten als Leitfaden für ihr Handeln, wenn Zweifel bestehen. 

Wenn Sie Ihrer Patientenverfügung eine solche Erklärung hinzufügen möchten, sollte diese folgende Punkte enthalten:

  • Ihre individuellen Werte und Überzeugungen
  • Ihren persönlichen Hintergrund und prägende Erfahrungen
  • Ihr Verständnis von Lebensqualität
  • Ihre Ansichten über pflegebedürftige Krankheiten und Abhängigkeit

💡Die Werteerklärung ist nicht obligatorisch.

Wann ist die Patientenverfügung gültig? 

Damit eine Patientenverfügung gültig ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Die betroffene Person ist zum Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung urteilsfähig.
  • Eine Patientenverfügung muss den persönlichen und tatsächlichen Willen der Person widerspiegeln und darf nicht unter Zwang erstellt werden.
  • Die Anweisungen müssen im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen.

💡Sie können Ihre Patientenverfügung jederzeit abändern. Es ist ratsam, Ihre Patientenverfügung alle zwei Jahre auf Aktualität zu überprüfen. Wenn Änderungen vorgenommen werden, müssen diese schriftlich festgehalten, datiert und von Ihnen unterschrieben werden. 

💡Sie können Ihre Patientenverfügung auch jederzeit ganz oder teilweise widerrufen.

Die Rolle der Vertrauensperson

Sie können in einer Patientenverfügung eine Vertrauensperson (Vertretungsperson)  benennen, die im Falle der Urteilsunfähigkeit Entscheidungen über die medizinische Behandlung in Ihrem Namen treffen darf. 

Es ist ratsam, ausführlich mit Ihrer Vertretungsperson über Ihre Wünsche zu sprechen, solange Sie noch urteilsfähig sind. So können Sie sicherstellen, dass die Entscheidungen Ihrer Vertrauensperson angemessen und in Ihrem Sinne sind. Es kann auch sinnvoll sein, eine Ersatzvertretungsperson zu benennen, um für alle Eventualitäten abgesichert zu sein.

💡In Ihrer Patientenverfügung sollten Sie grundsätzlich niemanden zur Vertretung ernennen, ohne diese Person darüber zu informieren. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen, und daher ist es wichtig, dass die Person, die diese Verantwortung übernimmt, darauf vorbereitet ist.

Angehörige mit Vertretungsrecht 

Es gibt einen bestimmten Personenkreis, der gesetzlich befugt ist, Patienten im Falle der Urteilsunfähigkeit zu vertreten. 

Die nachfolgende Aufzählung bestimmt, welche dem Patienten nahestehenden Personen in welcher Reihenfolge entscheidungsberechtigt sind:

  • Die in der Patientenverfügung schriftlich ernannte Person 
  • Eine Beistandsperson mit medizinischer Vertretungsbefugnis 
  • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, die mit dem Patienten zusammenleben 
  • Eine Person, die mit dem Patienten zusammenlebt und regelmässig Unterstützung leistet 
  • Nachkommen des Patienten, die ihm nahestehen und regelmässig Unterstützung leisten 
  • Eltern des Patienten, die ihm nahestehen oder regelmässig Unterstützung leisten 
  • Geschwister des Patienten, die ihm nahestehen oder regelmässig Unterstützung leisten

Wie bindend ist die Patientenverfügung? 

Patientenverfügungen sind verbindlich, das heisst, behandelnde Ärzte sind verpflichtet, den im Dokument ausgedrückten Willen des Patienten zu respektieren. Gleiches gilt für die Angehörigen. Auch sie sind verpflichtet, die darin formulierten Anweisungen zu befolgen. 

Es gibt jedoch auch Ausnahmen von der Bindung: 

  • Wenn die Bestimmungen das Gesetz verstossen oder 
  • wenn der Verdacht besteht, dass sie unter Zwang oder Unwissenheit verfasst wurde, 

kann ein Arzt entscheiden, die Patientenverfügung nicht zu berücksichtigen. 

In diesem Fall muss der Arzt jedoch die Vertretung des Patienten oder, falls keine Vertretung vorhanden ist, die Familie des Patienten darüber informieren.

☝️Ohne eine Patientenverfügung und ohne Angehörige trifft der behandelnde Arzt die Entscheidungen über die therapeutischen Massnahmen, die er für angemessen hält.

Welche Verfügungen sollte ich treffen? 

Es ist ratsam, einen Anwalt oder eine Anwältin für Erbrecht hinzuzuziehen, um Ihre Patientenverfügung zu erstellen. Der Inhalt Ihrer Patientenverfügung hängt oftmals von Ihrem individuellen Gesundheitszustand und Ihren persönlichen Werten ab. 

  • In der Regel legen gesunde Menschen wenig Wert auf die genaue Formulierung und wählen eine allgemeine Verfügung.
  • Wenn Sie gesundheitliche Probleme haben oder eine Krankheit haben, liegt der Fokus Ihrer Patientenverfügung meist auf der Behandlung Ihrer aktuellen Krankheit. Die Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen in solchen Fällen, Ihre Wünsche bezüglich bestehender Behandlungen und möglicher Verbesserungen oder Verschlechterungen Ihrer Krankheit anzupassen.

💡Sie können auch eine “kurze Patientenverfügung” erstellen, indem Sie eine Vertrauensperson benennen. Sie treffen in der Patientenverfügung lediglich  Entscheidungen über ihre Wiederbelebungs- und lebenserhaltenden Massnahmen. Alle anderen Entscheidungen werden von der von Ihnen benannten Vertretungsperson getroffen.

Wenn Sie eine detaillierte Patientenverfügung verfassen möchten, empfiehlt es sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die medizinischen Massnahmen und ihre Konsequenzen im Detail zu besprechen.

Wo sollte die Patientenverfügung aufbewahrt werden? 

Das Schweizer Recht sieht keine verbindlichen Regelungen für die Aufbewahrung der Patientenverfügung vor. Grundsätzlich können Sie die Patientenverfügung in Ihrer Wohnung, bei einem Anwalt, Notar, Hausarzt oder einer vertrauenswürdigen Person hinterlegen. In jedem Fall sollte die Patientenverfügung schnell und einfach auffindbar sein.

💡 Um sicher zu gehen, dass die ÄrztInnen auch erfahren, dass Sie eine Patientenverfügung verfasst haben, können Sie dies auf Ihrer Versichertenkarte zu vermerken.

Wir helfen Ihnen

Wenn es um Fragen rund um das Thema Patientenverfügung geht, ist es wichtig, kompetente rechtliche Unterstützung zu erhalten. Als Laie kann es schwierig sein, die rechtlichen Aspekte und Anforderungen zu verstehen und die Patientenverfügung entsprechend zu verfassen. Aus diesem Grund sollten Sie sich an unseren erfahrenen Anwälte oder Anwältinnen wenden.

Sie können Ihnen dabei helfen, Ihre individuellen Wünsche und Vorstellungen klar und rechtsgültig in einer Patientenverfügung festzuhalten. Sie können Ihnen auch dabei helfen, den rechtlichen Rahmen zu verstehen und sicherzustellen, dass Ihre Verfügung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

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Was ist eine Patientenverfügung?
Wie verfasst man eine Patientenverfügung?
Was steht in einer Patientenverfügung?
Welche Rolle hat die Vertrauensperson bei der Patientenverfügung?
Wie bindend ist die Patientenverfügung?
Wo sollte die Patientenverfügung aufbewahrt werden?