Die Arbeitsunfähigkeit kann Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen betreffen. Es ist wichtig, die eigenen Rechte und Pflichten in dieser Situation genau zu kennen. Im nachfolgenden Artikel bieten wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für arbeitsunfähige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Was bedeutet Arbeitsunfähigkeit?
Das ATSG hat Arbeitsunfähigkeit in Art. 6 folgendermassen definiert: “Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.9 Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt.”
☝️☝️Die Arbeitsunfähigkeit wird von einem Arzt oder einer Ärztin festgestellt.
Sobald Sie als arbeitsunfähig eingestuft wurden, stellt der Arzt oder die Ärztin Ihnen ein entsprechendes Arbeitsunfähigkeitszeugnis aus. Sie sind verpflichtet, dieses Zeugnis Ihrem Arbeitgeber innerhalb von drei Arbeitstagen zuzustellen.
Das Arbeitsunfähigkeitszeugnis
Es ist wichtig zu beachten, dass ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis ein rechtliches Dokument ist, das vom behandelnden Arzt gewissenhaft ausgefüllt werden sollte. Alle Angaben müssen der Wahrheit entsprechen. Der Arzt macht sich strafbar, wenn er ein “Auge zudrückt” und ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis als Gefälligkeit ausstellt.
Inhalt und Form des Arbeitsunfähigkeitszeugnisses
Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, wie ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis gestaltet sein soll. Dennoch ist es wichtig, dass die Formulierungen präzise und nicht missverständlich sind. Das Zeugnis sollte insbesondere den vorläufigen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit angeben und deutlich machen, in welchem Umfang Sie arbeitsunfähig sind. Wenn Sie über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig sind, sollte der Arzt die Entscheidung ausreichend begründen.
💡Die genaue Ursache für diese Diagnose wird aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht nicht im Arbeitsunfähigkeitszeugnis angegeben. Wenn Sie jedoch ausdrücklich eine solche Angabe wünschen, ist dies möglich. Andernfalls müssen Sie Ihrem Arbeitgeber lediglich mitteilen, um welche Art von Arbeitsunfähigkeit es sich handelt (Krankheit, Unfall, Schwangerschaft).
Arbeitsunfähigkeitszeugnis bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit
In einigen Fällen können gesundheitliche Einschränkungen dazu führen, dass Sie zwar arbeitsfähig sind, aber Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Ihnen empfiehlt, bestimmte Aufgaben für einen festgelegten Zeitraum nicht auszuüben oder vorübergehend die Arbeitszeit zu reduzieren. In einem solchen Fall sollte das Zeugnis deutlich machen, welche Tätigkeiten verkürzt werden sollten oder wie viele Stunden Sie arbeiten dürfen.
💡In der Regel reicht eine mündliche Beschreibung Ihrer Tätigkeit und Ihrer Arbeitsumgebung gegenüber dem Arzt für eine gültige medizinische Einschätzung aus.
Der Arbeitgeber zweifelt an der Arbeitsunfähigkeit
Wenn Ihr Arbeitgeber oder Ihre Versicherung Zweifel an Ihrer Arbeitsunfähigkeit hat oder eine Zweitmeinung einholen möchte, haben sie das Recht, eine Untersuchung anzuordnen. Sie erhalten dann eine Aufforderung, zu einem bestimmten Arzt zu gehen, den Ihr Arbeitgeber oder die Versicherung bestimmt. Sie haben grundsätzlich das Recht, dies abzulehnen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist dies jedoch nicht immer sinnvoll, da dies den Prozess verkomplizieren und zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen kann.
Vertrauensärztliche Untersuchung: Ablauf, Schweigepflicht, Kosten
Eine vertrauensärztliche Untersuchung läuft genauso ab wie eine reguläre ärztliche Untersuchung. Auch hier gilt die ärztliche Schweigepflicht. Ihr Arbeitgeber oder Versicherer erhält lediglich eine Bestätigung, dass Sie arbeitsunfähig sind, zu welchem Prozentsatz und ob die Ursache eine Krankheit oder ein Unfall ist.
☝️Die Kosten der vertrauensärztlichen Untersuchung sind für Sie irrelevant. Ihr Arbeitgeber muss die Kosten tragen und erhält die Rechnung direkt vom Arzt oder der Ärztin.
Arbeitsunfähigkeit und Krankentaggeldversicherung
Ein präzises Arbeitsunfähigkeitszeugnis ist in der Kommunikation mit der Krankentaggeldversicherung von grosser Bedeutung. Die Versicherer haben die Aufgabe, zu überprüfen, ob Sie möglicherweise trotz Ihrer gesundheitlichen Einschränkung in einem anderen Beruf oder Arbeitsumfeld arbeiten können. Insbesondere bei langfristiger Krankschreibung sind Krankentaggeldversicherungen berechtigt, regelmässige Updates von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber zu erhalten, ob eine solche Massnahme möglich wäre. Wenn der Versicherer Zweifel an der ärztlichen Meinung hat, kann er Sie bitten, einen Vertrauensarzt oder eine Vertrauensärztin aufzusuchen.
Arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit
Von arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit spricht man, wenn die Beschwerden mit dem konkreten Job zusammenhängen. Dies kann beispielsweise aufgrund anhaltender psychologischer Belastungen wie Mobbing am Arbeitsplatz der Fall sein.
Ein Arzt, der ein solches Arbeitsunfähigkeitszeugnis ausstellt, muss in seiner Beschreibung neutral bleiben, da physische Beweise wie ein CT-Scan oft nicht verfügbar sind und die Beweisbarkeit daher fehlt. Stattdessen kann er Formulierungen wie "nach Angaben des Patienten/der Patientin" verwenden. Er darf keine Empfehlung aussprechen, aber bestätigen, dass ein Einsatz in einem anderen Umfeld möglich ist.
Beachten Sie, dass arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeitszeugnisse von Arbeitgebern und Versicherungen besonders genau geprüft werden. Davon sollten Sie sich jedoch nicht entmutigen lassen.
✅Unsere ArbeitsrechtsanwältInnen können sie in einem Gespräch ausführlich beraten und Sie auf Wunsch auch im weiteren Verfahren unterstützen.
Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Die Bestimmungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind in der Regel in Ihrem Arbeitsvertrag schriftlich festgehalten. Darüber hinaus regelt das schweizerische Obligationenrecht, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit und wenn die Ursache bei der Person selbst liegt, Anspruch auf Lohnfortzahlung haben.
Dauer der Lohnfortzahlung
Wie lange Sie Ihren Lohn trotz Arbeitsunfähigkeit erhalten, hängt hauptsächlich von Ihrer bisherigen Beschäftigungsdauer bei Ihrem Arbeitgeber ab. Es gibt auch kantonale Unterschiede.
Krankentaggeldversicherung
Der Abschluss einer Krankentagegeldversicherung seitens des Arbeitgebers ist in der Schweiz nicht gesetzlich vorgeschrieben. Dennoch entscheiden sich immer mehr Unternehmen für diese Massnahme.
💡 Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber im Arbeitsvertrag eine Krankentaggeldversicherung zugesichert hat, Sie jedoch im Krankheitsfall feststellen, dass diese nicht vorhanden ist, hat Ihr Arbeitgeber eine Schadensersatzpflicht. Sie können dann von Ihrem Arbeitgeber den Betrag verlangen, der Ihnen bei Abschluss der Versicherung zugestanden hätte.
Unfallversicherung
Jedes Schweizer Unternehmen muss eine Unfallversicherung abschliessen. Daher können Sie in der Regel sicher sein, dass Sie finanziell abgesichert sind, wenn es zu einem Arbeitsunfall kommt. Bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 Prozent aufgrund eines Unfalls zahlt die Unfallversicherung ab dem dritten Tag einen prozentualen Anteil von 80 Prozent Ihres Gehalts. Bei einer teilweisen Arbeitsunfähigkeit verringert sich der Betrag entsprechend.
✅ Weitere Informationen zur Lohnfortzahlung des Arbeitgebers finden Sie hier.