Der Grundsatz der Kündigungsfreiheit im Schweizer Recht ermöglicht es sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern, das Arbeitsverhältnis jederzeit zu beenden. Davon gibt es jedoch Ausnahmen. Man spricht in diesem Kontext von den sogenannten Sperrfristen.
Im nachfolgenden Artikel zeigen wir Ihnen auf, wann die Kündigung des Arbeitgebers wegen Sperrfristen rechtswidrig ist, welche Folgen es hat und wie Sie sich dagegen wehren können.
Was bedeutet Kündigung zur Unzeit?
Im Schweizer Arbeitsrecht, welches im OR geregelt ist, gilt, dass unbefristete Arbeitsverträge grundsätzlich jederzeit von beiden Parteien und unter Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst werden können. Der Arbeitgeber muss bei einer Kündigung jedoch zwei Dinge beachten:
- Der Grund für die Kündigung darf nicht missbräuchlich sein.
- Die Kündigung darf nicht während einer Sperrfrist ausgesprochen werden.
💡Weitere Informationen zu den Kündigungsfristen finden Sie hier.
Wann gibt es Sperrfristen?
Bei den Sperrfristen handelt es sich um einen gesetzlichen Kündigungsschutz zugunsten des Arbeitnehmers. Es handelt sich um relativ zwingende Bestimmungen. Das heisst, die gesetzlichen Fristen dürfen verlängert, aber nicht verkürzt werden.
💡Die Sperrfristen greifen nach Ablauf der Probezeit. Sie betreffen folgende Situationen:
Krankheit & Unfall
Fällt der Mitarbeiter ohne eigenes Verschulden infolge Krankheit oder Unfall ganz oder teilweise aus, darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
- im 1. Dienstjahr während 30 Tagen,
- vom 2. bis zum 5. Dienstjahr während 90 Tagen und
- ab dem 6. Dienstjahr während 180 Tagen
nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht kündigen.
Schwangerschaft und Niederkunft
Der Arbeitgeber darf der Arbeitnehmerin während der gesamten Schwangerschaft und bis 16 Wochen nach der Entbindung nicht kündigen.
Hilfsaktion im Ausland
Nimmt der Arbeitnehmer mit der Zustimmung des Arbeitgebers an einer Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teil, die von einer Bundesbehörde angeordnet wurde, darf der Arbeitgeber während dieser Zeit keine Kündigung aussprechen.
Militärdienst
Arbeitgeber dürfen den betreffenden Arbeitnehmern 4 Wochen vor und 4 Wochen nach einem Einsatz des Wehr- oder Katastrophenschutzdienstes, des Dienstes in der Frauenarmee oder des Roten Kreuz’ nicht kündigen, wenn der Dienst mehr als 11 Tage dauert.
Wann gilt die Sperrfrist?
Die Sperrfristen schützen die Arbeitnehmer vor Kündigungen und gelten im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber.
Ob die Kündigung in eine Sperrfrist fällt, hängt vom Zeitpunkt ab, in dem die Abwesenheit des Arbeitnehmers beginnt.
- Herr X befindet sich im 1. Dienstjahr. Er erhält das Kündigungsschreiben eingeschrieben am 20 Mai (Datum des Schreibens ist der 19. Mai). Seit dem 20. Mai ist er infolge eines Unfalls krankgeschrieben. Die Kündigung kommt in der Sperrfrist. Sie ist nichtig.
- Frau B befindet sich im 1. Dienstjahr. Sie hatte am 1. Mai einen Unfall und ist seither krankgeschrieben. Am 10. Juni erhält sie die Kündigung per Post. Die Sperrfrist beträgt im 1. Dienstjahr 30 Tage. Sie ist demnach regelmässig vorbei. Die Kündigung ist gültig.
☝️ Wenn dem Mitarbeiter bereits gekündigt wurde und die Kündigungsfrist läuft, gelten die vorgenannten Sperrfristen trotzdem. In diesem Fall verlängert sich die Kündigungsfrist um die Sperrfrist.
✅ Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihnen während der Unzeit gekündigt wurde, stehen Ihnen unsere ArbeitsrechtsspezialistInnen gerne zur Verfügung und unterstützen Sie beim weiteren Vorgehen.
Sperrfrist für den Arbeitnehmer
Wenn Sie Ihren Vorgesetzten oder Arbeitgeber vertreten, weil er oder sie wegen eines geschützten Grundes (Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, Niederkunft, Militär, Hilfsaktion) abwesend ist, dürfen Sie nicht kündigen. Eine Kündigung von Ihnen während dieser Sperrfrist, wäre nichtig.
Ausnahmen von den Sperrfristen
Diese Kündigungsschutzbestimmungen kommen grundsätzlich bei allen Arten von Arbeitsverträgen zur Anwendung und müssen auch bei Betriebsübernahmen, Betriebsschliessungen oder Kündigungen infolge Pensionierung beachtet werden. Es gibt jedoch vier Situationen, welche vom Kündigungsschutz ausgenommen sind:
- Bei einem befristeten Arbeitsvertrag endet das Arbeitsverhältnis automatisch zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Es gibt keine Kündigungsfristen, die eingehalten werden müssen.
- Wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag auf eigenes Begehren hin kündigt.
- Wenn sich der Arbeitnehmer noch in der Probezeit befindet.
- Bei einer fristlosen Kündigung mit einem ausserordentlichen Grund.
Folge einer Kündigung während einer Sperrfrist
Wird eine Kündigung während einer Sperrfrist ausgesprochen, ist sie nichtig. Das bedeutet, dass die Kündigung nicht gilt und das Arbeitsverhältnis weiterläuft. Der Arbeitgeber muss also die Sperrfrist abwarten, bevor er kündigen kann.
⚠️ Die Kündigung hat nichts mit der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers zu tun. Auch wenn die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers erlischt, besteht das Arbeitsverhältnis weiterhin.
Wie kann ich mich gegen eine solche Kündigung wehren?
Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer der vorgenannten Gründe nicht in der Lage ist, seine Arbeit auszuführen, ist er geschützt. Eine solche Kündigung ist rechtsmissbräuchlich und daher nichtig. Das Arbeitsverhältnis bleibt ungekündigt bestehen. Wir empfehlen Ihnen dennoch, den Arbeitgeber über seinen Fehler zu informieren und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.
✅ Unsere ArbeitsrechtsspezialistInnen beraten Sie und klären Sie über Ihre Rechte und Pflichten bei der Kündigung zur Unzeit auf.